Film- und TV-Markt-Trends in Europa und Deutschland

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Film- und TV-Markt-Trends in Europa und Deutschland

Fri 31, 08 2018

Im Rahmen dieses Newsletters wollen wir einige der neuesten Marktzahlen und Trends der europäischen Film- und Broadcastindustrie mit Ihnen teilen. Dabei liegt der Fokus auf Deutschland als stärksten europäischen Filmmarkt. Dafür hat das Market-Intelligence-Team des Filmtechnikunternehmens ARRI Daten des European Audiovisual Observatory, der International Union of Cinemas (UNIC) und einigen anderen öffentlich zugänglichen Quellen recherchiert und analysiert – und liefert Ihnen nun interessante und wertvolle Statistiken und Erkenntnisse.

Demnach scheint die europäische Filmindustrie weiterhin an Stärke zurückzugewinnen, nachdem sie zwischen 2010 und 2014 mit rückläufigen Zahlen zu kämpfen hatte. Die europäische Broadcast-Landschaft erfährt sogar noch mehr Wachstum und durchläuft außerdem große strukturelle Veränderungen durch Bezahldienste wie Pay-TV und Subscription-Video-On-Demand (SVOD).

Brutto-Kinoumsatz in der EU drittes Jahr in Folge über sieben Milliarden Euro

Das European Audiovisual Observatory schätzt, dass 2017 die Gesamtzahl der Kinobesuche innerhalb der 28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) minimal um 0,8 Prozent auf 984 Millionen Besuche sank. Auch wenn diese Zahl um 7,6 Millionen geringer ist als noch in 2016, stellt sie dennoch den zweithöchsten Wert für Besucherzahlen in der EU seit 2004 dar. Die Einnahmen des Brutto-Kinoumsatzes überschritten mit 7,02 Milliarden Euro das dritte Jahr in Folge die Marke von sieben Milliarden Euro – ein Rückgang von 0,3 Prozent gegenüber 2016. Der durchschnittliche Preis einer Kinokarte in der EU beläuft sich weiterhin stabil auf 7,10 Euro.

Die Anzahl der Kinobesuchen entwickelte sich innerhalb Europas sehr unterschiedlich. Geografisch betrachtet ist die geringe Anzahl an Kinobesuchen in der EU vor allem auf einen starken Rückgang an Besuchern in Italien zurückzuführen (minus 14,7 Millionen). Von den fünf größten Märkten in der EU verzeichneten nur Großbritannien und Deutschland einen moderaten Anstieg an Kinobesuchern, wohingegen die Besucherzahlen in Polen, den Niederlanden, Rumänien und der Slowakei Höchststände erreichten. Im Vergleich zu 2015 und 2016 waren vor allem europäische Filme dafür verantwortlich, dass die EU-weiten Kinobesuche auf diesem hohen Niveau blieben. Denn die Besucherzahlen von US- und anderen nicht-europäischen Filmen gingen um etwa 19 Millionen zurück.
Die geschätzte Anzahl an in der EU produzierten Kinofilmen ging 2017 von 1741 auf 1676 zurück. Das markiert den ersten Rückgang an EU-Produktionen seit Jahren. Diese Anzahl an Filmproduktionen in der EU lässt sich auf 1072 Spielfilme (64 Prozent) und 604 Dokumentarfilme (36 Prozent) herunterbrechen.

Leichtes Wachstum des deutschen Filmmarktes

Das Fehlen eines großen Sportevents in Kombination mit einem starken Filmportfolio ließen viele glauben, dass der deutsche Filmmarkt 2017 ein größeres Comeback feiern würde. Schließlich wies das Jahr 2016 die niedrigsten Besucherzahlen der letzten 20 Jahre auf. Auch wenn die erreichten Zahlen als solides Ergebnis gelten können, schaffte der deutsche Markt es 2017 nicht, die Wachstumserwartungen zu erfüllen. Die Anzahl an verkauften Tickets stieg lediglich um ein Prozent von 121,1 auf 122,3 Millionen Euro. Im Vergleich dazu legte der Brutto-Kinoumsatz um 3,2 Prozent auf 1,06 Milliarden Euro zu – was vor allem an durchschnittlich höheren Ticketpreisen lag. Mit diesem Betrag erreichte der Brutto-Kinoumsatz das zweitbeste Ergebnis in der Geschichte und knackte das dritte Jahr in Folge den Meilenstein von über eine Milliarde Euro.

Produktion von TV-Fiktion in der EU und in Deutschland

TV-Fiktion setzt sich aus geskripteten TV-Spielfilmen und -Serien zusammen, umfasst jedoch keine Animationsprogramme. 2015 und 2016 wurden in der EU jeweils circa 920 verschiedene Titel – insgesamt 16.400 Episoden und mehr als 11.000 Sendestunden – produziert. Der Begriff „TV-Fiktion“ deckt hierbei verschiedenste Programmkategorien ab: Auf der einen Seite stehen kurze Formate, die zu einem gewissen Grad als High-End-TV-Fiktion betrachtet werden können. Auf der anderen Seite gehören lange Formate, typischerweise Seifenopern oder Telenovelas, die allgemein betrachtet üblicherweise geringere Produktionskosten aufweisen, dazu. Deutschland sticht hierbei als Herkunftsland von 36 Prozent aller fiktionalen Titel in der EU hervor. Mit Abstand folgen Frankreich (17 Prozent) und Großbritannien (zwölf Prozent).

SVOD-Services – Bezahlfernsehen im Abonnement – hatten einen äußerst geringen Anteil an der Produktion von TV-Fiktion. Durchschnittlich steht SVOD nur für 1,2 Prozent der fiktionalen Titel und 0,5 Prozent der Programmzeit von fiktionalen Inhalten (52 Stunden), die 2015 und 2016 produziert wurden.

Premium-TV und Pay-On-Demand dominieren audiovisuelles Medienangebot in der EU

2017 existierten in der EU insgesamt 4208 TV-Services und 2.270 On-Demand-Services für audiovisuelle (AV) Medien. Die Hälfte aller TV-Angebote innerhalb der EU konzentrierte sich auf nur vier Länder: Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Italien. Der größte Anteil entfiel auf private Dienste, denn öffentlich-rechtliche Sender machten nur einen geringen Anteil von sieben Prozent aus. Insgesamt war ein Drittel aller Services in HD verfügbar.

Der Großteil aller TV-Kanäle bestand aus Bezahl- und/oder Premium-Angeboten, wohingegen ein Drittel frei verfügbar war. Die meisten aller On-Demand-AV-Services aus der EU waren nur via Internetzugang abrufbar (73 Prozent), gefolgt von Set-Top Boxen (16 Prozent) und Set-Top-Boxen in Kombination mit Over-the-Top-(OTT)-Anwendungen (elf Prozent). Meist handelte es sich um Transactional-Video-On-Demand (TVOD) und SVOD. Beide Geschäftsmodelle machten zusammen nahezu zwei Drittel der gesamten verfügbaren Services aus. Free-On-Demand- und Sharing-Plattformen bildeten die restlichen 38 Prozent.1

SVOD auf dem Vormarsch, eine neue Komponente des europäischen AV-Ökosystems

Durch die rasch steigende Zahl neuer Abonnenten etablierten sich SVOD-Services als fester Bestandteil des audiovisuellen Ökosystems in Europa. Ende 2016 waren 37,7 Millionen Abonnenten bei SVOD-Anbietern in der EU Kunden. Dabei lag die jährliche Wachstumsrate je nach Land im zwei- oder sogar dreistelligen Bereich und im EU-Durchschnitt im Zeitraum von 2011 bis 2016 bei 55,5 Prozent. Abonnenten aus den fünf Ländern Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Großbritannien standen für zwei Drittel aller SVOD-Abonnements in der EU.

Der rasante Anstieg an Abonnenten sorgte 2016 bei den SVOD-Anbietern für einen Umsatz von 2,5 Milliarden Euro – 55 Prozent mehr als 2015, als der Umsatz noch bei 1,6 Milliarden Euro lag. Im Zeitraum von 2011 bis 2016 betrug die jährliche Wachstumsrate 128 Prozent.

Trotz dieses enormen Wachstums bei Umsatz und Abonnentenzahlen stellte SVOD zu dieser Zeit erst einen relativ kleinen Markt im Vergleich zu den traditionellen Pay-TV-Angeboten dar. So standen SVOD-Angebote nur für rund 6,8 Prozent aller Pay-TV-Umsätze (Pay-TV und SVOD kombiniert) und für 18 Prozent aller Abonnements von Bezahldiensten. 2016 nutzten durchschnittlich 17 Prozent aller TV-Haushalte in der EU SVOD-Angebote.

SVOD-Angebote in der EU blühen auf, allerdings dominiert durch US-Anbieter

Nachdem die SVOD-Giganten Netflix und Amazon Ende 2016 und Anfang 2017 EU-weit tätig wurden und auch etablierte TV-Sender SVOD-Angebote starteten, waren 2017 insgesamt 197 verschiedene SVOD-Angebote in der EU in 330 Sprachversionen verfügbar. Circa 52 Prozent der Dienste bieten ihren Abonnenten hauptsächlich fiktionale Spielfilm- und TV-Inhalte.

Während Netflix, Amazon und HBO nur zwei Prozent der Angebote in Europa ausmachen, betrug ihr Anteil bei den verschiedenen Sprachversionen 28 Prozent.

Bei Betrachtung der OTT-SVOD-Angebote allein zeigt sich eine deutliche Marktdominanz. Die Abonnenten von Netflix standen für 47 Prozent aller OTT-SVOD-Abonnenten innerhalb der EU, E-Commerce-Gigant Amazon und sein SVOD-Angebot Amazon Prime Video für weitere 20 Prozent. Diese Zahlen spiegeln die Situation Ende 2016 wider, noch vor dem europaweiten Roll-out von Amazon Prime Video.

Trotz einer großflächigen Präsenz in Europa zählte HBO Go, das SVOD Angebot des US-Pay-TV-Senders HBO, weniger Abonnenten als lokale Angebote von traditionellen Marktteilnehmern wie zum Beispiel Maxdome in Deutschland, Timvision in Italien oder Canal Play in Frankreich.

Insgesamt wurden drei Viertel aller SVOD-Angebote in der EU über OTT-Modelle vertrieben, 14 Prozent waren über Managed Networks verfügbar, elf Prozent über beide Wege. Nachdem Netflix in der EU zunächst nur über OTT verfügbar war, schlossen sie mit den Telekommunikationsanbietern Orange und Deutsche Telekom internationale Vertriebsvereinbarungen. Dies ermöglichte Netflix eine erweiterte potentielle Reichweite, indem sie nun auch über deren Set-Top-Boxen empfangen werden können.

SVOD in Deutschland

Streaming-Plattformen in Deutschland in den letzten Jahren sehr hohe Wachstumsraten, machen aber nach wie vor nur einen relativ kleinen Marktanteil von sieben Prozent aus. Seit dem Deutschlandstart gewinnt Netflix jährlich immer mehr Abonnenten hinzu und dürfte bald Sky Deutschland übertreffen. Bis Ende 2018 werden die Abo Zahlen von Netflix in Deutschland vermutlich die Fünf-Millionen-Marke überschreiten, womit sie vor Sky lägen. Serien wie „Stranger Things“, „Black Mirror“ oder auch das erste deutschsprachige Original „Dark“ trugen zum enormen Wachstum von Netflix in Deutschland bei. Momentan abonnieren 5,2 Millionen Nutzer Sky, von denen etwa zehn Prozent aus Österreich stammen dürften.

Amazon Prime ist mit acht bis neun Millionen Abonnenten in Deutschland zwar Marktführer bei Streaming-Video. Allerdings dürften längst nicht alle Kunden den integrierten Streaming-Dienst tatsächlich nutzen.

Mit einem Contentbudget in Höhe von acht Milliarden US-Dollar weltweit – unter anderem auch für deutsche Original-Serien – plant Netflix, seine Macht weiter auszubauen. Im Kampf um neue Kunden und Abonnenten investieren andere Streaming-Plattformen ebenfalls große Summen in die Produktion von eigenem Content. Dies dürfte zu einem noch größeren Wachstum des SVOD-Marktes in Deutschland in den folgenden Jahren führen.

1 Zahlen für on-demand Angebote schließen catch-up TV aus.

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